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 PERSONEN | ||
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           | Flavius Claudius Iulianus (Apostata) Herrschaft IIIulianus
          war sehr daran gelegen, dass die alte Religion kein schwerverdaulicher
          Brocken für gerade erst Christianisierten wurde. Er erarbeitete
          Kultnormen aus und sorgte sich um die richtige Präsentations- und
          Organisationsform. In diesem Punkt knüpfte er an eine Idee des 
          Maximinus Daia an und ernannte für die einzelnen Provinzen
          Oberpriester, die über die Priester und Kollegien zu wachen hatten.
          Als eine Art moralische Rechnungskontrolle überprüften sie die
          Amtsgeschäfte ihrer Untergebenen. Der
          Kaiser war sich bewusst, dass vor allem die Menschen in den ärmeren
          Bevölkerungsschichten dem Christentum besonders zugeneigt waren. Der
          Grund lag darin, dass sich die sozialen Strukturen seit der Zeit der 
          Soldatenkaiser verändert hatten. Die Kommunen waren finanziell überlastet,
          die Kluft zwischen Arm und Reich hatte sich vergrössert und niemand
          wollte sich so recht um die Armen kümmern (Ist das nicht heute auch
          so?). Aus diesem Grund forderte er eine Nachahmung der Solidarität,
          die die christlichen Gemeinden ihren Mitgliedern gaben. Auch ihre
          Einrichtungen, wie etwa Bürgerspitäler, wären in neuem Gewand zu
          kopieren und über das ganze Reich zu verbreiten. Es
          versteht sich von selbst, dass eine derart plötzliche Trendwende von
          vielen Menschen nicht gutgeheissen wird. Das von einem hohen
          Prozentsatz Germanen durchsetzte Heer stand loyal zum Kaiser.
          Problematisch waren die grossen Städte im Osten des Reiches, die in
          ihrer Mehrheit schon lange Zeit dem Christentum anhingen. Die Bevölkerung
          hatte sich auf die neuen Organisationsformen in den Städten
          eingespielt und der erneute Systemwechsel führte zu Unstimmigkeiten.
          Immerhin ging es auch um grosse Vermögenswerte, die wiederum den
          Besitzer wechselten. Auch
          zeigte sich, dass die konstantinische Politik bei vielen Gläubigen
          das Wissen um die Praktizierung der alten Kulte ausgelöscht hatte.
          Die Götter waren zwar noch allerorts präsent, doch die
          erforderlichen Formen der Religionsausübung hatten während der
          letzten Generation in ihrer Weitergabe gelitten. Deshalb war der
          Enthusiasmus, den der Kaiser so offen zur Schau stellte, auch
          zahlreichen Anhängern der klassischen Religion suspekt. Diese
          Ressentiments hinderten Iulianus nicht, seine Politik zu ändern.
          Vielmehr beklagte er den schleppenden Fortgang seiner Aktionen. Diese
          Reaktion war mehr als unangebracht, denn das Tempo, mit der plötzlich
          die Heiligtümer restauriert und Kulthandlungen vollzogen wurden,
          konnte ihresgleichen suchen. Das Christentum hatte sich bei weitem
          nicht in dieser Geschwindigkeit ausgebreitet. Die heidnische Reaktion
          war von ihrer Sogwirkung her wesentlich erfolgreicher als die
          Christianisierung zuvor. Grosse
          Sorgen bereiteten dem Kaiser die Bürger seiner Residenzstadt
          Antiochia. In den neun Monaten, die er dort verbrachte stiess sein
          Eifer auf breiten Widerstand. Dabei ging es nicht nur um Religion
          allein. In seinem asketischen Weltbild war Iulianus auch gegen
          Theater- und Circusveranstaltungen sowie einheimische Feste; wie das
          Maiuma-Fest, das im Jahr 362 ausfallen musste. Erschwerend kam eine
          Nahrungsmittelknappheit hinzu, die der Kaiser mittels Importen und
          Preisverordnung in den Griff bekommen wollte - vergeblich.
          Schliesslich brannte auch noch der lokale Daphne-Tempel ab und der
          Stadtrat weigerte sich bei allen Hilfeleistungen aktiv mitzuwirken. So
          blieb es nicht aus, dass sich Iulianus am Neujahrsfest 363 zahlreiche
          Spottverse anhören musste. Als Antwort verfasste er eine ironische
          Beschimpfung der eigenen Person und beklagte sich öffentlich über
          Unverständnis und Undankbarkeit der Menschen. Unter diesen Umständen
          suchte der Kaiser nach anderen Wegen, sich beim Volk beliebt zu
          machen. Am
          5. März 363 brach Iulianus zu einer der grössten Operationen zu
          Felde auf. Seit mehr als fünfzig Jahren hatte kein Kaiser mehr den
          Versuch gewagt, die persische Hauptstadt zu erobern. Der Plan war äusserst
          riskant und wurde schon von zeitgenössischen Schriftstellern
          getadelt. Zudem hatte sich der Perserkönig Schapur II. dazu bereit
          erklärt, in Verhandlungen einzutreten. Folglich wäre ein Krieg in
          dieser Situation nicht nötig gewesen. Bei
          den kommenden Operationen dachte Iulianus an die Erfolge in Gallien
          und Germanien. In der selben Weise sollten die römischen Truppen im
          feindlichen Gebiet ihre Überlegenheit und Stärke demonstrieren. Der
          Kaiser selbst wollte entlang des Euphrat vorrücken, während ein
          zweites Heer dem Feind über Armenien in den Rücken fallen sollte.
          Diese Zangenoperation - für die römische Kriegsführung eigentlich
          nichts besonderes - ging gründlich in die Hose. Schon die Planungen
          waren von Pannen überschattet und im Endeffekt fiel die zweite Armee
          aus. Auf der Hauptroute mussten sich Iulianus’ 46.000 Mann zählende
          Truppen zudem mit dem hochwasserführenden Euphrat herumschlagen.
          Ktesiphon konnte nach einem Anfangserfolg zwar bereits im Juni 363
          erreicht und belagert werden, doch für eine längerfristige Operation
          waren in den Planungen keine Ressourcen vorgesehen gewesen. So musste
          die Belagerung aufgegeben werden. | 
 Statue des Iulianus | |
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