Version LX

GEOGRAFIE
Städte


EINLEITUNG
GESCHICHTE I
GESCHICHTE II
GESCHICHTE III
GESCHICHTE IV
VERWALTUNG
RELIGION
WIRTSCHAFT I
WIRTSCHAFT II
KULTUR

GEBÄUDE

ALPHABETISCH
NACH PROVINZEN

zurück zum
Städteindex

zurück zur
geografischen Übersicht

zurück zum Index

Pompeii (Pompeji in Italien)

Wirtschaft II

fabri ferrarii & fabri aerarii (Eisen- und Bronzeschmiede)

Aufgrund einer Wahlempfehlung kennt man Schmiede aus Pompeji namentlich: Etwa Iunianus. Er verkaufte in seinem Geschäft Utensilien für die Landwirtschaft, Eisen- und Bronzewerkzeug aus eigener und fremder Produktion, Pferdegeschirr, Schlösser & Schlüssel, Metallfesseln für Sklaven, Messer, Waagen, Ketten, usw. sowie Terrakottalampen. Ein anderer Schmied hiess Verus und er hatte sich auf Bronzearbeiten konzentriert. In seinem Laden fand man Kandelaber, Lampen und Gefässe.

gemmarii & caelatores (Juweliere & Ziseleure)

Obwohl Pompeji eine riesige Baustelle war und viele Wohlhabende der Stadt den Rücken gekehrt hatten, gab es Handwerker, die sich der Schmuckherstellung widmeten. Im Laden VII 7,11 nahe des Forums wurden kleine Gegenstände aus Elfenbein und Knochen verkauft. Im Haus den Pinarius Cerialis fand man unfertige Gemmen in unterschiedlichen Bearbeitungsstufen, sodass die Arbeit eines gemmarius (Juweliers) bezeugt ist. Zudem existiert ein Graffito, in dem der caelator (Ziseleur) Priscus dem gemmarius Campanus Grüsse ausrichtet. Aber auch Goldschmiede hat es in Pompeji zu dieser Zeit gegeben, denn von ihnen stammt eine der vielen Wahlaufrufe.

Vergleicht man die Bronze- und Silberstatuetten, die Schmuckstücke und das ergrabene Silbergeschirr, so lässt sich kein einheitlicher Stil ableiten, der für Pompeji charakteristisch sein könnte. Deshalb geht man davon aus, dass die meisten Arbeiten aus den nahen kampanischen Metallverarbeitungszentren importiert worden waren.

figuli (Töpfer)

Da es in Kampanien nur an wenigen Stellen gute Töpfererde gibt, wurde schon in frühester Zeit Geschirr massenhaft importiert. Der Fundhäufigkeit nach nutzte man gern aus Arezzo eingeführte terra sigillata (gefirnister Ton) aus den Jahren 50 v.Chr. bis 40 n.Chr. sowie deren Nachahmungen aus Pozzuoli bzw. aus Südgallien. Hochwertigste Keramik holte man aus dem griechischen Samos und Pergamon herbei.

Gebrauchskeramik für den Alltag stellte man jedoch in Pompeji selbst her. Bislang konnten drei Brennöfen lokalisiert werden, wovon zwei am Ende einer Reihe von Depots mit gewölbten Portiken an der Gräberstrasse vor der Porta Ercolano, und die dritte im Handwerkerviertel an der Via Nocera liegen.

Hauptprodukt der einheimischen Töpfer war das dolium (Tonfass) für die Lagerung von Lebensmittel, welches meist zur Hälfte in den Boden eingelassen wurde. Danach kamen mengenmässig Amphoren und erst zum Schluss alle übrigen Keramikwaren, wie Geschirr oder Öllampen.

In der Nähe des Amphitheaters fand man ein gemaltes Ladenschild, welches einen Töpfer an seiner Scheibe zeigt, wie er gerade ein Gefäss formt. Leider stand der dazugehörende Laden leer (vermutlich bereits seit dem Erdbeben von 62 n.Chr.) und es konnten keine entsprechenden Funde gemacht werden. Ein zweiter Laden wurde in der Via dell’Abbondanze gefunden. Der Inhaber hiess Zosimus und seine Spezialität waren vasa faecaria, d.h. Gefässe, in denen etwas gelagert werden konnte, vor allem garum (fermentierte Fischsauce).

vitrarii (Glasbläser, -händler)

Das in der Antike teure Glasgeschirr wurde aus Pozzuoli importiert, da es dort in der Umgebung hochqualitativen Sand für die Glasproduktion gab. Von den Formen her orientierte man sich an der Gebrauchskeramik. Laut Cicero wurde billigstes Glas in rauen Mengen aus Alexandria eingeführt. Hochwertiges Glas hingegen importierte man aus Sorrent bzw. jenen kampanischen Städten, in denen eine hellenistische Glasbläsertradition existierte. Bislang konnte nur ein Geschäft in Pompeji identifiziert werden, wo Glaswaren verkauft wurden. In dem nahe an den Forumsthermen gelegenen Laden lagerten zahlreiche Kisten mit noch in Stroh gelagerten Glasgefässen. Sie waren so gut verpackt, dass sich die meisten im Originalzustand erhalten haben.

Wollverarbeitung

Eines der wichtigsten Güter der Stadt (besser gesagt ihrer Umgebung) war lana (Schafwolle). Es gab nicht weniger als 23 fullonicae (Walkereien) und 38 meist spezialisierte Manufakturen für die Verarbeitung von Wolle. Die grössten Betriebe waren aus logistischen Gründen an den Einfallsstrassen der Stadt untergebracht. Bislang konnten fünf textrinae (Webereien) und sechs Färbereien ergraben werden. Von letzteren gab es zwei Typen: zum einen die offectores, welche ausgebleichte Stoffe nachfärbten, und zum anderen die infectores, die entweder Wolle oder unbearbeitete Stoffe färbten.

In der textrina des Minucius fand man 53 Webgewichte und Inschriften belegen, dass sich die Familie auf das Webereigeschäft spezialisiert hatte (wenn auch der Besitzer Minucius auch als Gladiator in Erscheinung getreten war...). 1911 ergrub man die einzige Walkerei, welche neu und auch als solche erbaut worden war. Die anderen drei Walkereien waren in alten, ehemals herrschaftlichen Häusern untergebracht. In ihnen wurden Stoffe entfleckt, entfettet (vom Spinnvorgang) und gewaschen.

Wolle wurde nicht nur einfach verwebt, sondern auch verfilzt. Insgesamt fand man bislang vier officinae quactiliariae zur Filzproduktion. Einmalig blieb eine 1873 ergrabene officina coriariorum (Gerberei) von nicht unbeträchtlichem Ausmass. Noch nicht erforscht wurde hingegen die Werkstatt des veterarius (Flickschneider) Tigillus. Durch Wahlempfehlung und aufgefundene Pflanzenfaserreste weiss man schlussendlich noch um die Existenz mehrer tegetari (Seiler).

Nahrungsmittel

Zum Zeitpunkt des Vesuvausbruchs gab es in Pompeji inklusive der Konditoreien insgesamt 31 Bäckereien mit ca. 20 Verkaufslokalen. Einige Bäckereien besassen kein Verkaufslokal, sodass sie vermutlich in Zusammenhang mit Gastronomiebetrieben (z.B. jene des Sotericus) standen. Andere Produkte wurden wohl aus der Umgebung nach Pompeji geliefert. So Fleisch, Milch und Käse. Eine Käserei konnte etwa in einer der Villen unterhalb von Gragnano im Sarnotal nachgewiesen werden.

An der Via Castricio wurde garum (fermentierte Fischsauce) fabrikmässig hergestellt und im beigeschlossenen Laden auch verkauft. Wie zahlreiche Gebäude der Stadt, war dieser Betrieb, welcher dem Aulus Umbricius Scaurus gehörte - der sich auch politisch betätigte -, in einem ehemaligen Wohnhaus untergebracht. Das von ihm hergestellte garum wurde bis Rom exportiert und er konnte auch einige Spezialitäten für Priester orientalischer Religionen liefern.

Da es zum Zeitpunkt des Vesuvausbruchs in Pompeji nur so von Wanderarbeitern wimmelte, die über keinen familiären Anhang verfügten, der für Verpflegung aufkommen konnte, gab es in der Stadt cauponae (Schänken) und thermopolia (Garküchen). In der caupona des Euxinus wurde sogar eigener Wein ausgeschenkt. Die Rebstöcke standen in seinem Garten und für den Gärungsprozess gab es einige dolia (Fässer). Den Ertrag hat man auf 271 Liter im Jahr berechnet, wohingegen schon eines der Fässer 375 Liter fasste. Vermutlich wurde hier auch Wein verschnitten.

Weinhandel

Einen grossen Stellenwert in der Pompejianischen Wirtschaft nahmen Weinbau und -handel ein. Plinius der Ältere lobte die Weine Kampaniens in den höchsten Tönen. Die Reben der Gegend wurden sogar in andere Weinbaugebiete - u.a. Eturien - exportiert. An einigen ergrabenen Gebäuden - etwa der Villa die Miseri - lässt sich eine nachträgliche Adaption für die Nutzung im Weinbau erkennen.

Die Bedeutung der kampanischen Weine ist unumstritten, doch gibt es bislang keine wirklich greifbaren Daten zum Ausmass des Pompejianischen Weinhandels. Ein bekannter Produzent des Rebensaftes waren die Holconii - welche sich auch politisch hervortaten. Weinamphoren eines M.Porci und L.Eumachi wurden auch ausserhalb Italiens (Gallien, Africa) gefunden. Beide Personen könnten den bekannten Geschlechtern der Stadt entstammen und würden damit einen regen Überseehandel im 1.Jh.v.Chr. mit Wein aus der Gegend um Pompeji nahe legen.

Das durchschnittliche Barvermögen eines Mittelständlers in Pompeji betrug ca. 200 Sesterzen.

Im thermopolium (Garküche) von Pompeji fand sich ein in die Ladentheke eingemauertes dolium (Tonfass) mit dem Wechselgeld des Lokals: 374 Asse & 1237 Quadranten im Wert von ca. 170 Sesterzen bei einem Gewicht von gut 3 kg.


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)