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Der Kaiser


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Kaiserfunktion im Wandel der Zeit

Nach dem Tode des Augustus wurden Idee und Funktion des Kaisers auf eine harte Probe gestellt. Der republikanisch gesinnte Tiberius wollte eigentlich gar nicht regieren und versuchte die Macht an den Senat abzugeben. Schliesslich übernahm ein Prätorianerpräfekt das aktive Regieren und der Kaiser, im selbstgewählten Exil auf Capri, wurde zu einer Schattenfigur, über die vor allem Gerüchte kursierten. Indes hielt Tiberius an den grundsätzlichen Ideen des Kaisertums fest und sorgte sich besonders um eine gute Verwaltung und Steuergerechtigkeit. Die von Augustus erdachten Funktionen blieben so intakt.

Dies änderte sich mit Caligula, bei dem die Problematiken der Alleinherrschaft nun erstmals für alle sichtbar auftraten. In vollem Bewusstsein der eigenen Macht, konnte der Kaiser nun seinen eigenen Launen freien Lauf lassen. Die Staatsgeschäfte wurden zwar nicht vernachlässigt, doch in fragwürdiger Weise erledigt. Rat und Beteiligung anderer waren nun nicht mehr erwünscht. Ständige Schikanen und zahlreiche Konspirationen liessen viele Menschen am Sinn der Institution "Kaiser" zweifeln.

Claudius zog die Zügel der Herrschaft wieder an. Eine durchorganisierte Verwaltungshierarchie bot jetzt der Oberschicht, aber auch Freigelassenen, Aufstiegsmöglichkeiten. Ausserdem wurde der religiöse Kult um die eigene Person vermehrt, indem sich Claudius schon zu Lebzeiten als Gott sah.

Bei Nero schliesslich hielten sich die "guten" und die "schlechten" Eigenschaften, die er in seine Funktionen einbringen konnte, die Waage. Vom Senat angefeindet, von weiten Kreisen des Volkes geliebt, wusste der Kaiser manchmal nur für sich, was er tat.

Während der Bürgerkriege der Kaiserzeit (69 & 193 n.Chr.) erlebte das Kaiseramt einen tiefen Dämpfer. Herrscher wurden zwar von Truppen ausgerufen, aber das Amt selbst (und dass es nur eines geben sollte) hatte sich endgültig in das Bewusstsein der Menschen gesetzt. Republikanische Ideen blieben in der Minderheit. Auch die Tatsache, dass Erbfolge die Fortführung im Amt gewährleistet, wurde von allen akzeptiert. Augenscheinlich wurde indes die Macht hinter dem Kaiser. Die Prätorianer machten Kaiser, aber keine Politik.

In weiterer Folge kumulierten sich immer mehr Funktionen beim Kaiser. Dieser Prozess ging ganz schleichend vor sich und der Senat verlor Zug um Zug an Bedeutung und Einfluss; auch wenn er sich in der Rechtsprechung profilieren konnte. Domitian stellte besonders seine eigenen Vorstellungen in den Vordergrund und richtete die Politik danach aus. Aufgrund dieser Erfahrungen versuchten die nachfolgenden Adoptivkaiser sich wieder bewusst im Geiste des augusteischen Princeps darzustellen. Macht gaben sie hingegen kaum ab.

Die ständige Vergrösserung des Reiches brachte die Idee der Alleinherrschaft schliesslich ins Wanken. Marcus Aurelius suchte sich mit Lucius Verus einen Partner, der die Regierungsgeschäfte mit ihm teilen konnte. Commodus wählte hingegen einen anderen Weg. Er liess nicht nur seinen Launen, sondern auch seinen abstrusen Vorstellungen freien Lauf. Das Kaiseramt verlor dadurch beträchtlich an Würde. Die Dynastie der Severer stellte besonders die militärische Funktion des Amtes hervor. Die Kaiser verliessen sich von nun an mehr auf die Truppen, als auf die Oberschicht in Rom.

Die religiöse Funktion wurde erschüttert durch Elagabal, der unbedingt fremde Kulte in Rom heimisch machen wollte. Von nun an waren Kaiser nur mehr selten Integrationsfiguren. Mit der Verlagerung der Machtbasis zugunsten der Soldaten, traten viele Funktionen des Kaiseramtes hinter die Verteidigung des Reiches zurück.

Mit der Errichtung der Tetrarchie und der Ausdehnung der Verwaltung änderte Diocletian das Kaiserbild von neuem. Der Kaiser war nun wirklich ein "Kaiser" im modernen Sinn des Wortes. Ihm musste religiöse Verehrung für seine Person entgegengebracht werden. Es gab nun auch keine Bürger im klassischen Sinne mehr, sondern nur noch Untertanen. Die Kaiserämter (bis zu vier im System der Tetrarchie) standen hierarchisch geordnet über der restlichen Bevölkerung. Als Alleinherrscher vollendete Konstantin diesen Prozess. Der Kaiser war keine Integrationsfigur, sondern glich dem Herrscher einer orientalischen Despotie (vgl. Persien).

Bis zum Untergang des Weströmischen Reiches änderte sich praktisch nichts mehr an diesem Zustand. Nahtlos gingen die oströmischen Kaiser zum byzantinischen Herrscher über. Das Hofzeremoniell hob sich immer mehr von den gewöhnlichen Menschen ab und die Einteilung in Hierarchien verfestigte sich (auch mit Hilfe der Kirche) endgültig.

Nachdem Odoaker die Kaiserinsignien des weströmischen Kaisers nach Ostrom geschickt hatte, gab es nur mehr den oströmischen bzw. byzantinischen Kaiser. Die Kaiserkrönung von Karl d.Gr. im Jahre 800 sollte noch zu einer Krise führen, da man jetzt ein "Zweikaiserproblem" hatte.

Elagabal erschütterte die religiösen Ansichten seiner Zeitgenossen und war alles andere als eine Integrationsfigur.

 
 

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(PL)