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Publius Licinius Egnatius Gallienus

Herrschaft I (Schweres Erbe)

Die Gefangennahme Valerians und einiger anderer hoher Würdenträger führte zu einer Staatskrise, wie sie das Römische Reich noch nie erlebt hatte. Gallienus war der legitime Nachfolger im Kaiseramt und die brenzlige Situation konnte nur mit Entschlossenheit gelöst werden. Dazu gehörte wohl auch, dass Gallienus für seinen Vater keine Rettung sah. Versuche einer Auslieferung sind nicht bekannt.

Bis zum Herbst 260 hatte sich auch in Germanien herumgesprochen, dass Valerian in die Hände der Perser gefallen war. Dies führte bei vielen Zeitgenossen zu der Annahme, dass auch das Schicksal Gallienus’ besiegelt sei und das Kaiseramt auf einen neuen „Soldatenkaiser“ überzugehen habe. Als erstes griff Ingenuus, der Statthalter von Pannonien und Moesien, nach dem kaiserlichen Purpur. Er wurde von seinen Truppen zum Kaiser ausgerufen, jedoch bald darauf bei Mursa (Osijek) von Aureolus, einem Heerführer des Gallienus, besiegt. Ingenuus floh, kam jedoch auf der Flucht um.

Ihm folgte der Statthalter Regalianus nach, der weiter Unruhe in den Donauprovinzen stiftete. Dieser liess in Carnuntum (Petronell) kaiserliche Münzen umprägen. Der Aufstand wurde von Gallienus’ Heer gleich nach einer Schlacht gegen die sarmatischen Roxolanen unterdrückt. Auch hier betätigte sich der Kaiser als Münzherr. In Siscia (Sisak) wurde ebenfalls eine Münze eingerichtet. Schlussendlich schwang sich um 260 an unbekanntem Ort noch ein Antoninus zum Augustus auf, wurde aber ebenfalls rasch besiegt.

Ernstzunehmender war ein Aufstand Ende 260 in den Ostprovinzen. Dort wurden Fulvius Iunius Macrianus und sein jüngerer Bruder Fulvius Iunius Quietus zu Doppelkaisern ausgerufen. Unterstützt wurden sie von einem General namens Callistus, der mit Spitznamen Ballista (Katapult) hiess und Schapurs Truppen an der kikilischen Küste im Überraschungsangriff besiegt hatte. Mit Antiochia als Hauptstadt brachten sie zahlreiche Anhänger in Ägypten, Syrien und Kleinasien hinter sich. Macrianus und sein gleichnamiger Vater zogen gegen Gallienus, wurden aber 261 von Domitianus, einem Unterführer des Aureolus, auf dem Balkan getötet. Quietus war in Antiochia verblieben, floh nach Emesa und wurde vom dortigen Mob gelyncht. Dies war dem Einfluss von Odaenathus, dem Herrscher von Palmyra, zu verdanken, der den Befehlen Gallienus’ Folge geleistet hatte.

262 wandte sich der so oftmals siegreiche Heerführer Aureolus gegen den Kaiser. Er liess sich aber zu einem Friedensschluss bewegen und verhinderte damit einen grossen Bürgerkrieg. Was Gallienus zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte, war, dass Aureolus’ Ehrgeiz am Ende seiner Amtszeit noch eine grosse Rolle spielen würde.

Auch Ägypten blieb in jenen Tag nicht von Unruhe verschont. 261/262 liess sich der ehemaligen Präfekt von Ägypten, Lucius Musius Aemilianus, zum Kaiser ausrufen. Nach dessen Absetzung schwang sich kurz darauf ein gewisser Memor zum Augustus in Ägypten auf. Beide wurden von Theodotus, dem Feldherrn des Gallienus besiegt.

Die ständigen Katastrophen drängten Gallienus zu einer Reform von Verwaltung und Militär. Viele Senatoren hatten sich nicht loyal zum Kaiser gestellt und waren zu Postumus übergelaufen oder unterstützten einen der zahlreichen Gegenkaiser. So schloss er sie vom Militärdienst aus. Ausserdem hatte sich gezeigt, dass immer weniger Mitglieder des Senatorenstandes über praktische militärische Erfahrungen verfügten. Sie zogen es ohnehin vor, die bequemere Zivillaufbahn einzuschlagen. Damit schuf sich der Kaiser natürlich Feinde und sie liessen folglich kein gutes Haar an ihm und machen ihn für alle Missstände und Katastrophen seiner Regierungszeit verantwortlich.

Das Heer selbst wurde grundlegend reformiert. Nicht nur, dass die Legionen eine starke Legionskavallerie erhielten, schuf Gallienus von 265 bis 268 nun erstmals grosse selbständige Kavallerieverbände. Als mobile Eingreifreserve kamen sie bei brenzligen Situationen zum Einsatz. In ihnen dienten vor allem Mauren und Illyrer. Damit sollte aber auch der Grundstein für manche Soldatenkaiserkarriere gelegt werden.

Bogenschützen hatten als Hilfstruppen schon eine lange Tradition gehabt und gepanzerte Einheiten waren seit einem guten Jahrhundert auf römischer Seite im Einsatz. Persische und sarmatische Panzerreiter hatten gezeigt, welche verheerende Wirkung diese neue Form der schweren Kavallerie haben konnte. Damit war die Zeit gekommen auch diese Truppengattung im römischen Heer einzuführen. Erste Ansätze hatte seinerzeit bereits Kaiser Septimius Severus gemacht.

Der Unterhalt der neuen Truppen war immens, denn die laufenden Kosten für ein Pferd machten mindestens genauso viel aus, wie die Ration eines Soldaten. Aber die Investitionen lohnten sich. denn man hatte nicht nur schlagkräftige mobile Einsatzverbände, sondern auch eine zentrale Reserve. Der Standort dieser neuen Truppengattung war Mediolanum (Mailand), das in diesen unruhigen Zeiten öfters Schauplatz der Weltgeschichte war. Die Wahl des Standortes lag im Verlust der Agri decumanes begründet. Die Grenze war damit näher zu Italien gerückt. Mit anderen Städten bildete sich nun eine Linie heraus, die sowohl als Verteidigungs-, als auch als Angriffsposition, genutzt werden konnte.

Da die Prätorianer immer mehr zum Verwaltungs- und Militärdienst herangezogen wurden, schuf der Kaiser eine neue Schutztruppe unter der Bezeichnung protectores (Beschützer). Sie setzte sich aus loyalen Offizieren zusammen. Das grösste Kontingent hiess „Beschützer der göttlichen Flanke“, wurde immer in unmittelbarer Nähe des Kaisers stationiert und stand unter seinem direkten Kommando.

Im Gegensatz zu Valerian sah Gallienus im Christentum keine Bedrohung. Als Befürworter von Mysterienreligionen erliess er um 260 entsprechende Toleranzedikte, konnte er doch im Kampf gegen die Perser jede Unterstützung brauchen, die aufzutreiben war. Der Kaiser war auch mit Plotin, dem letzten grossen heidnischen Philosophen, befreundet. Es scheint, als hätte Gallienus ihm die Errichtung eines Philosophenstaates in der Campania versprochen. In einer Zeit der Invasionen, Bürgerkriege und Hungersnöte entstand so mit dem Neuplatonismus eine neue philosophische Richtung, die den Hellenismus noch einmal zur Blüte brachte.

Rest einer Statue
des Gallienus.


Quellen: M.Clauss "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser", C.Sarre "Die römischen Kaiser", O.Veh "Lexikon der römischen Kaiser", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)