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Flavius Anastasius (I.)

Herrschaft I (die Sanierung des Staates)

Als sich Anastasius zum ersten Mal seinem Volk zeigte, rief es ihm zu, er möge so glücklich regieren wie seinerzeit Marcianus. Als er einige Wochen später Ariadne heiratete konnte man auf glücklichere Zeiten hoffen. Dennoch standen grosse Probleme an, da es seit Leo I. mit der Wirtschaftskraft bergab gegangen war.

Alle massgeblichen Kräfte des Landes und das Volk wünschten sich vom Kaiser einen Kurswechsel in der Politik und damit eine Reduktion des isaurischen Einflusses. Anastasius nutzte die erstbeste Gelegenheit über Verschwörungsgerüchte, um Longinus zu verhaften und ihn nach Mittelägypten zu verbannen. Alle isaurischen Würdenträger wurden ihrer Ämter enthoben, enteignet und mit einem Aufenthaltsverbot in Konstantinopel belegt.

Die Betroffenen nahmen dies naturgemäss nicht einfach hin und stellten eine isaurische Privatarmee auf, die gegen die Hauptstadt marschierte. Im Nordwesten Anatoliens trafen sie auf die Ostarmee des Reiches und die Palasttruppen. Die Schlacht ging für den Kaiser siegreich aus, doch mussten die Isauerer in einem zermürbenden Guerillakrieg weitere sechs Jahre lang in den kilikischen Bergen bekämpft werden. Die meisten Stammesangehörigen wurden schlussendlich nach Thrakien umgesiedelt, wo ohnehin ein Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften und Soldaten herrschte.

439 war an der Donaugrenze ein neuer Feind aufgetaucht: die Bulgaren. Dieses aus Zentralasien stammende Turkvolk hatte die Reste der nun zersplitterten Hunnen aufgesammelt und sich mit den Anten, einem der ersten slawischen Stämme in diesem Gebiet, verbündet. Die erste Angriffswelle traf die oströmische Armee unvorbereitet und 502 konnten sie bis nach Thrakien vordringen und bedrängten Konstantinopel.

Um der sich abzeichnenden Bedrohung zu begegnen hatte Anastasius die "Lange Mauer" in Auftrag gegeben. Dieser gut 50 km westlich der Hauptstadt gelegene Festungswall erstreckte sich vom Marmarameer bis zum Schwarzen Meer und hielt die Bulgaren für die nächsten 15 Jahre von Angriffen ab.

Doch nicht nur die Bulgaren bereiteten dem Kaiser Kopfzerbrechen. Die Ostgoten unter Theoderich sassen zwar fest in Italien, aber eine diplomatische Anerkennung durch Konstantinopel hatte seit 490 nicht stattgefunden. Immerhin herrschte Theoderich auch in Dalmatien und dem Rest von Pannonien. Schliesslich gewährte Anastasius die geforderten Insignien und sogar das Recht die Konsuln von Rom zu ernennen.

Dies gehörte zu einer neuen politischen Denkrichtung. Nicht mehr die Wiedererrichtung des weströmischen Kaisertums stand im Vordergrund, sondern die Anerkennung der Germanenreiche als dem Oströmischen Imperium untertane Staatsgebilde. Seltsamerweise spielten die meisten Germanenfürsten dieses Spiel mit. Einige Jahre nach Theoderich wurde der Frankenkönig Chlodwig von Anastasius zum Patrizier ernannt und dieser liess im Frankenreich sogar Münzen mit dem Portrait des oströmischen Kaisers prägen. Auch der Burgunderkönig Sigismund wurde Patrizier und unterstellte sich formell der oströmischen Oberhoheit. In einem Brief nach Konstantinopel lobte er die Tatsache Anastasius zu Diensten zu sein.

Während all dies passierte und es so aussah, als könne Anastasius bald wieder über das gesamte alte Imperium Romanum herrschen, dehnte Theoderich seinen Herrschaftsanspruch nach Osten hin aus. Er forderte die Stadt Sirmium und 510 musste Anastasius seinem Drängen nachgeben. Trotz dieser Geste, sollte der Kaiser nur Undank ernten.

Am anderen Ende des Reiches machten sich die Sassaniden - wohl nach dem Ausbleiben der Tributzahlungen - bemerkbar und Anastasius sah sich gezwungen in den Krieg zu ziehen. Nach dreijährigem Ringen konnten die Römer die hart umkämpfte Stadt Amida wieder gewinnen und das nahe der Grenze gelegene Dorf Daras zu einer mächtigen Festungsstadt mit neuem Namen Anastasiopolis ausbauen. Der Krieg endete 506 mit einem Friedensvertrag und siebenjährigen Waffenstillstand, den der persische König Kahvades auch einhielt.

Die Provinz Mesopotamia hatte während der mehrjährigen Kampfhandlungen die volle Last des Krieges zu tragen gehabt - immerhin umfasste die Ostarmee damals gut 60.000 Mann. Aus diesem Grund förderte der Kaiser den Wiederaufbau und gewährte grosszügige Steuererleichterungen.

Damit einher ging auch eine Reform des Finanzwesens im ganzen Reich. Kopf- und Grundsteuer wurden damals unkontrolliert von den Stadtverwaltungen eingehoben. Dabei kam es oft zu Unregelmässigkeiten, sodass ab nun von Konstantinopel ernannte Kontrolleure die Einhebung überwachten. Durch die latent schlechte Wirtschaftslage der letzten Jahre hatte sich die Steuererhebung der Gewerbebetriebe zu einem Hasadeurspiel für die Unternehmer entwickelt. Die Eintreibung erfolgten immer unregelmässiger und in nicht kalkulierbarer Höhe. Dieser Missstand wurde abgestellt und die Steuerausfälle durch Erträge aus den kaiserlichen Ländereien ausgeglichen. Bislang waren all diese Gewinne in die Privatschatulle der Herrscher geflossen.

Auf den einzelnen Bürger gerechnet war die Belastung kaum gesunken, doch die Erhebung der Steuern erfolgte nun wesentlich gerechter. Parallel kam es zu einer Straffung der Verwaltung, was das Volk ebenfalls positiv aufnahm. So ist zu erklären, dass ausserhalb der religiösen Streitigkeiten die Menschen mit ihrem Kaiser sehr zufrieden waren.

Um die Wirtschaft zu fördern nahm sich Anastasius eines Problems an, das bislang in der Antike weitgehend ignoriert worden war: der Kleingeldmangel. Die Prägung von Scheidemünzen war kaum gewinnbringend, sodass in der römischen Antike (aber auch später im Mittelalter bis hin in die frühe Neuzeit) vielfach nur Silber- und Goldmünzen in Massen ausgegeben worden waren. Der Kaiser belebte den schon vor langer Zeit der Inflation anheim gefallenen Follis wieder. Als Bronzestück in vier deutlich unterscheidbaren Nominalen (ebenfalls eine Novität bei Kupfermünzen; man beachte das Münzgewichtschaos seit Konstantin) förderten die Münzen das Kleingewerbe und sorgten für einen Aufschwung.

ein von Anastasius
geschaffener
neuer Follis


Quellen: M.Clauss, "Die Römischen Kaiser", O.Veh, "Lexikon der römischen Kaiser", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)