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Römischer Bronzepferdekopf in Hessen entdeckt
(Zeitschrift "money trend", 10/2009, p.11)

Beim Anblick des lebensgrossen Pferdekopfs der vergoldeten römischen Reiterstatue von Kaiser Augustus überschlagen sich die Fachleute. Von einem "einzigartigen Fund in Europa mit Weltrang" ist die Rede. Die nur wenige Tage alte archäologische Entdeckung aus Hessen sei auf einer Stufe mit der Himmelsscheibe von Nebra und den Keltenfürsten vom Glauberg zu sehen.

"Diese Bronzeskulptur gehört qualitativ zu den besten Stücken, die jemals auf dem Gebiet des ehemaligen Römischen Reiches gefunden wurden.", sagte Hessens Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann am Donnerstag stolz. Seit 1993 graben Archäologen auf dem rund 7,5 ha grossen Gelände der römischen Stadtanlage Waldgirmes und haben dabei Erkenntnisse über die Politik und das Alltagsleben gewonnen. Immer wieder förderten sie auch Bruchstücke des lebensgrossen Reiterstandbildes zutage, das wohl Kaiser Augustus darstellt, der von 23 v.Chr. bis 14 n.Chr. regierte, darunter einen Pferdefuss und einen verzierten Brustgurt des Tieres. Mehr als 100 Teile sollen es insgesamt sein.

Auf dem Boden eines freigelegten Holzbrunnens machen die Archäologen in 11 m Tiefe am 12. August den Sensationsfund, den es laut Wissenschaftsministerin "in dieser Form und Qualität nirgendwo gibt". Wenige Tage zuvor hatten die Fachleute bereits den Fuss des Reiters des Standbildes zutage gefördert.

Der filigran gearbeitete Pferdekopf ist vollständig erhalten, mit Nüstern, Zähnen, Auge und Resten der Goldauflage. Das mit sechs Zierscheiben reich geschmückte Zaumzeug ist auch noch gut zu sehen. An der Stirn findet sich eine Platte mit dem Kriegsgott Mars, an den Seiten Siegesgöttinnen. Von der zivilen Siedlung Waldgirmes aus, die kurz vor der Zeitenwende begonnen wurde und mit dem Rückzug der Römer endete, sollte eine neue Provinz des Römischen Reiches verwaltet werden, wie Fachleute berichten.


Kaiser Neros Speisesaal in Rom entdeckt
(orf.at, 29.09.2009)

Ein Archäologenteam in Rom hat wahrscheinlich Kaiser Neros Speisesaal wiederentdeckt. Die Experten fanden auf dem Palatin-Hügel bei Ausgrabungen am "Domus Aurea", dem "Goldenen Haus", wie der Palast des römischen Kaisers genannt wurde, einen kreisrunden Saal.

Wie die Archäologiebeauftragten der Stadt heute berichteten, könnte es sich bei der Entdeckung um den sagenhaften Speisesaal des berühmt-berüchtigten Kaisers handeln, der sich - die Erdbewegung nachahmend - Tag und Nacht um sich selbst drehte. Das Spektakel sollte den Experten zufolge die Gäste des Kaisers beeindrucken.

"Der Raum ist einmalig in der gesamten römischen Architektur", erklärte Grabungsleiterin Francoise Villedieu bei der Präsentation der Entdeckung. Der städtische Sonderbeauftragte für die Ausgrabungsstätten in Rom und Ostia Antica, Roberto Cecchi, kündigte unterdessen weitere 200.000 Euro an, um das kunstvolle Speisezimmer so schnell wie möglich freizulegen.

Nero hatte seine Kaiservilla "Domus Aurea" nach einem Brand auf der Asche Roms in den Jahren 64 bis 68 errichten lassen. Er lebte allerdings nur etwa fünf Monate in der mit Gold, Edelsteinen und Elfenbein überzogenen Prachtanlage, ehe er mit 31 Jahren Selbstmord beging. Der Palast war erst im Jänner 2007 wiedereröffnet und für Besucher freigegeben worden.


Römische Militärlager entdeckt
(burgenland.orf.at; 17.09.2009)

Archäologen haben in Strebersdorf einen aussergewöhnlichen Fund gemacht. Sie entdeckten drei römische Militärlager, zwei Hektar gross. Damit wurde ein lange gesuchter Standort einer römischen Reitereinheit entdeckt. Entdeckung erfolgte im Rahmen des länderübergreifenden Forschungsprojekts Bernsteinstrasse. Die Experten des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) bezeichneten den Fund in Strebersdorf (Gemeinde Lutzmannsburg), als "grösstes und einziges" Militärlager des Bundeslandes und der angrenzenden Region. Mit der Entdeckung sei man nun auch zu vollkommen neuen Erkenntnissen über die Funktion der römischen Armee, etwa als Ressourcenhüter, gelangt, hiess es. Die Entdeckung erfolgte im Rahmen des vom ÖAI initiierten länderübergreifenden Forschungsprojekts Bernsteinstrasse. Kooperationspartner sind Ungarn, Slowenien und die Slowakei. Der Fund gelang heuer bei Grabungen im Rahmen des internationalen Bernsteinprojektes des ÖAI. Die drei Militärlager von Strebersdorf wurden in zeitlicher Abfolge übereinander am selben Platz errichtet. Die Lager werden mit einem Meter tiefen und drei Meter breiten Gräben sowie einer Wallanlage mit Palisaden gesichert. Die Holztore sind mit neun Quadratmeter grossen und rund sechs Meter hohen Türmen befestigt. Im Laufe der Zeit verkleinerte man die Militärlager von 2,2 auf 0,7 Hektar. Dass an diesem Standort auch Bodentruppen stationiert waren, belegen laut dem ÖAI 80 "teils sensationelle" Fundstücke, die ebenfalls geborgen werden konnten. "Mit den Erkenntnissen der angrenzenden Vorjahresgrabung des ÖAI, bei der die grösste römische Siedlung im Burgenland aufgefunden wurde, und den diesjährigen Forschungen muss die römische Geschichte dieser Region und auch Österreichs neu geschrieben werden", sagte Stefan Groh, Grabungsleiter und Projektleiter Bernsteinstrasse. Die drei Militärlager sind bisher die einzigen des Bundeslandes und der angrenzenden Region. Sie sind Teil der grössten römerzeitlichen archäologischen Landschaft des Burgenlands, gemeinsam mit dem Vorjahresfund erstrecken sie sich über 20 Hektar. Die Gebäude im Inneren der Lager sind aus Holz (Mannschaftsbaracken, Kommandantenhaus, Getreidespeicher). Rund um die Militärlager sind mehrere Ofenbatterien zu erkennen. Schmelzöfen zur Eisenverhüttung wurden in der Nähe der Bäche mit rund 60 Meter Abstand zur Siedlung und zum Lager gebaut. "Die Schmelzöfen hatten einen riesigen Bedarf an Holz, was die Landschaft sicherlich nachhaltig in ihrem Ökosystem beeinflusste", so Groh.


Keltisches Heiligtum im Weinviertel entdeckt
(niederoesterreich.orf.at; 16.09.2009)

Ein archäologischer Sensationsfund ist im Weinviertel gemacht worden. Am Sandberg bei Roseldorf im Bezirk Hollabrunn ist ein fünftes keltisches Heiligtum freigelegt worden. Fünf keltische Heiligtümer in einer Siedlung, das ist eine europaweite Sensation. Vier keltische Heiligtümer aus der Zeit kurz vor Christi Geburt hat man bereits in den vergangenen Jahren am Sandberg in Roseldorf gefunden. Nun hat man ein Fünftes entdeckt und das ist eine archäologische Sensation, wie Veronika Holzer vom Naturhistorischen Museum bestätigte. Es handelte sich vermutlich um eine grosse Siedlung, um ein Handels und Wirtschaftszentrum der Kelten, ganz bestimmt aber um ein religiöses Zentrum. Darauf deuten die fünf Heiligtümer hin. Das Heiligtum besteht aus einem 17x17 Meter quadratischen Opfergraben. Dargebracht wurden vor allem Waffen und Ausrüstungsgegenstände. Wie etwa Waffen , Lanzen, Schilde oder Pferdezaumzeug. Aber es sind auch Menschen und Tiere geopfert worden. Die Ausgrabungen und genauen Kategorisierungen dieses Heiligtums werden nun mehrere Jahre dauern


Römer verwendeten Helme mit Perücke
(science.orf.at/dpa 18.12.2008)

Wissenschaftler haben erstmals einen römischen Reiterhelm mit üppiger Perücke aus Pferdehaar rekonstruiert. Der Zweck der haarigen Kopfbedeckung: offenbar psychologische Kriegsführung. Bisher waren nur wenige Kavallerie-Helme mit Haar bekannt, sie wurden allesamt am Niederrhein gefunden. Mit naturwissenschaftlichen Methoden sei es nun gelungen, die Herstellungstechnik und das Aussehen dieser Stücke zu ermitteln, berichten Forscher vom Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim und dem Landesmuseum in Bonn. Das rekonstruierte Exemplar soll künftig gemeinsam mit einem Originalhelm aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. im Römermuseum Xanten gezeigt werden. Diese speziellen Helme, die zwischen Stirn und Nacken dicht von einer Anzahl Zöpfchen aus Pferdehaar überzogen sind, scheinen eine "Spezialität" des vor 2000 Jahren am Niederrhein siedelnden Volkes der Bataver gewesen zu sein, die im Römerheer oft als Reiter gedient haben, sagte Restaurator Frank Willer vom Rheinischen Landesmuseum. Der Helm wie auch die herunterklappbare Gesichtsmaske aus Metall seien mit grosser Präzision jedem Träger individuell angepasst worden, so Willer. Die Zöpfe wurden mit grossem handwerklichen Aufwand in etwa 200 Arbeitsstunden hergestellt und mit Baumteer als Ur-Klebstoff auf dem Metall befestigt.

Das fein geflochtene, glänzend schwarze Haar und das starre "Gesicht" des Reiters hoch auf seinem Pferd "wirkte abschreckend für jemanden, der das nicht kennt", beschreibt Willer den wohl beabsichtigten psychologischen Effekt des Helmes. Nach einem Aufstand der Bataver 69 n. Chr. sei dieser Helmtyp aber plötzlich verschwunden. Erst rund ein Jahrhundert später, so erklärte der Experte, tauchen Helme mit Zopfornament aus getriebenem Metall wieder auf: "Man imitiert nun, was man am Niederrhein getragen hat, überall im Imperium."


Römer gegen Germanen: Schlachtfeld entdeckt
(science.orf.at/ dpa, 16.12.08)

Irgendwann um das Jahr 235 nach Christus: Römische Truppen befinden sich auf dem Rückmarsch von einem Feldzug ins nördliche Germanien. Ihr Weg am westlichen Harzrand entlang führt über einen Pass. Doch auf dem "Harzhorn" haben sich Germanen verschanzt, um die Legionäre zu stoppen. So oder ähnlich, meint der Archäologe Günther Moosbauer von der Universität Osnabrück, sei die Ausgangssituation für eine bisher unbekannte Schlacht zwischen Römern und Germanen gewesen, deren Spuren jetzt auf einem Höhenzug nahe Oldenrode im südniedersächsischen Kreis Northeim entdeckt wurden. Der Landesdenkmalpfleger Henning Hassmann spricht von einer "spektakulären Entdeckung", die überkommene Geschichtsbilder ins Wanken bringe. Bisher sei man nämlich davon ausgegangen, dass die Römer sich nach der verlorenen Varus-Schlacht im Jahr 9 nach Christus hinter den Limes zurückgezogen hatten.

Dass die Forscher auf das unbekannte antike Schlachtfeld gestossen sind, sei "ein grosser Zufall" gewesen, sagte Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann am Montag bei einer Pressekonferenz in Oldenrode. Zwei Hobby-Archäologen auf der Suche nach den Resten einer mittelalterlichen Burg holten schon im Jahr 2000 ein paar Pfeilspitzen aus dem Waldboden am "Harzhorn" und ein Objekt, das sie nicht einordnen konnten. Erst als die Männer ihre Funde im August dieses Jahres der Northeimer Kreisarchäologin Petra Lönne präsentierten, stellte sich heraus, dass sie eine römische Hipposandale ausgegraben hatten. Die Legionäre banden diese eiserne Sandale ihren Pferden und Mauleseln als Schutz unter die Hufe. Lönne wurde bei ersten eigenen Grabungen ebenfalls fündig. Sie stiess auf Bruchstücke einer römischen Pionieraxt. Inzwischen sei das 1.500 lange und 300 Meter breite Schlachtfeld mit Metallsonden systematisch abgesucht worden, sagte die Archäologin. Die bisherige Ausbeute: Über 600 Objekte, darunter Katapultspitzen, Schmuck und Verzierungsstücke römischer Uniformen, Zeltheringe, Radnaben und Pferdegeschirr. Auch die Stellungen der Germanen haben die Forscher entdeckt. Sie befanden sich dort, wo die meisten Pfeil- und Katapultspitzen einschlugen. Anhand der ausgefallenen Sandalennägel können die Forscher sogar bestimmen, welchen Weg die Römer entlang gezogen sind.

Fazit von Lönne: Es handele sich um ein "einzigartig gut erhaltenes und ungestörtes römisches Schlachtfeld", wie es kein anderes gebe. Eine abgegriffene Münze aus der Zeit des Kaisers Commodus (180 - 192) und ein datierbares Messerfutteral sprächen neben anderen Indizien dafür, dass die Schlacht im 3. Jahrhundert stattgefunden hat, sagte der Archäologe Günther Moosbauer. Auch wenn es keine schriftlichen Quellen gebe, könnte sie um 235 stattgefunden haben. In diesem Jahr habe der Kaiser Maximinus Thrax nämlich einen Feldzug nach Norden unternommen, nachdem Germanen den Limes im heutigen Hessen angegriffen hatten.

Wie die Schlacht auf dem "Harzhorn" verlief, meinen die Forscher inzwischen ebenfalls zu wissen: Die römischen Truppen überzogen die Germanen mit einem Hagel von Pfeilen und Geschossen aus ihren High-Tech-Katapulten, bis der Weg über den Pass frei war. Wegen der anhaltenden Bedrohung zogen sie dann allerdings Richtung Leinetal ab und verloren dabei einen Teil ihres Trosses. Warum die Germanen das Gelände anschliessend nicht plünderten, sondern Waffen und Waffenteile liegen liessen, ist allerdings noch unklar. Wissenschaftsminister Stratmann kündigte an, ein internationaler Forscherkreis werde sich mit den offenen Fragen zum Schlachtfeld auf dem "Harzhorn" befassen.

Persönliche Anmerkung: Die Römer waren bis weit ins 3.Jh.n.Chr. rechtsrheinisch aktiv. Somit verwundert der Fund überhaupt nicht und stellt auch keine bisherigen Geschichtsbilder in Frage.


Zeus & Co. auf einen Blick
(OÖ-Nachrichten 14.02.2009, Wissenschaft)

Der pensionierte Eisenbahner Dieter Macek (66) hat sein Opus Magnum vollendet; die weltweit erste vollständige Genealogie der griechischen Götter- und Heldenwelt. Das Werk, das auf 52 m langen Schautafeln 5640 Namen bietet, wurde jetzt in der Vorarlberger Landesbibliothek vorgestellt. Die OÖN haben mit dem in Lauterach bei Bregenz lebenden Hobby-Historiker gesprochen.

OÖN: Reicht überhaupt ein Menschenleben für so eine Herkulesarbeit?
Dieter Macek: Eigentlich nicht! Ich habe 1974 begonnen, alle Hinweise auf die griechischen Götter und Helden zu sammeln, aber nach zehn Jahren wollte ich das Handtuch werfen. Es waren einfach zu viele, ich habe alles handschriftlich auf riesige Plakate geschrieben, davon lagen ganze Stösse in der Wohnung herum, und ich verlor die Übersicht. Aber dann kamen der Computer und Google, damit ging es auf einmal viel schneller.
OÖN: Wann wurde Ihr Interesse an den Griechen geweckt?
Macek: Das fing mit einer Aufführung der Oper "Elektra" bei den Salzburger Festspielen an. Ich war 15 Jahre alt, kaufte mir dazu extra das Textbuch, fand mich darin aber überhaupt nicht zurecht. Deshalb schenkte mir meine Oma zum Geburtstag die "Griechischen Götter- und Heldensagen" von Gustav Schwab. Das hat mich fasziniert, ich wollte Ordnung ins Chaos bringen und habe erste handschriftliche Stammbäume entworfen.
OÖN: Was waren Ihre Quellen?
Macek: Für meine jahrelangen Recherchen habe ich mich auf die über 85bändige Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft gestützt. Ich habe mir griechische Originalfragmente beschafft, bin über Google in alle möglichen Universitätsbibliotheken eingestiegen. Eine wahre Fundgrube war dabei die Universität Innsbruck.
OÖN: Mich welchen Götter-Stammbäumen haben Sie begonnen?
Macek: Der erste war der Stammbaum der Io, einer Geliebten des Zeus, die später in Ägypten als Isis verehrt wurde und an der Wurzel der abendländischen Religion steht. Dann kam der Stammbaum der Tantaliden, aus denen König Agamemnon, der Heerführer der Griechen im Kampf gegen Troja, hervorging.
OÖN: Wie weit in die Gegenwart reicht denn die mythischen Genealogie der alten Griechen?
Macek: So seltsam es klingt: bis 1918, bis zum Ende der Habsburger-Monarchie!
OÖN: Stammt Kaiser Franz Josef etwa gar vom Griechengott Zeus ab?
MaceK: Persönlich eher nicht, aber insofern, als er den Titel eines "gottgewollten Herrschers" führte, sehr wohl.
OÖN: Wie ist das zu verstehen?
Macek: Das Gottesgnadentum geht zurück ins Jahr 493, als Papst Gelasius nach dem Untergang des Weströmischen Reiches die Machtteilung zwischen Kirche und Staat begründete. Sein Nachfolger Anastasius I. erhob den Frankenkönig Chlodwig nach dessen Taufe zum göttlich begnadeten König in der Nachfolge der römischen Kaiser, und mit der Salbung Karls d.Gr. im Jahr 800 bekam das römische Kaiserreich seine christliche Prägung.
OÖN: Und dieses Gottesgnadentum, auf das sich die Habsburger beriefen, wurzelt in der griechischen Mythologie?
Macek: Es lässt sich auf eine literarische Quelle zurückführen, auf Vergils "Aeneis". Das war der Gründungsmythos des römischen Kaiserreiches. Vergil knüpfte die Familie der Iulier, aus der Caesar und Kaiser Augustus hervorgingen, an Iulus den griechischen "Askanius", einen Sohn des Aeneas aus dem Geschlecht der Dardaniden. Dardanus, der Ahnherr dieses trojanischen Herrschergeschlechts, war ein Sohn des Zeus. Insofern leitet sich das europäische Gottesgnadentum vom griechischen Göttervater her.
OÖN: Sehen sie sich als "Aufklärer"?
Macek: Meine Botschaft hat schon eine aufklärererische Komponente. Am Beispiel der griechischen Götterwelt zeigt sich, dass auch Religionen vergänglich sind.
OÖN: Worin liegt die aktuelle Bedeutung ihrer Genealogie?
Macek: Sie soll die Wurzeln des europäischen Denkens bewusst machen. Unsere Aufklärung, die die Religionen stark bedrängt, beruht auf der Aufklärung der Griechen, wie der Philosoph Theodor W.Adorno erkannte. Prototyp der griechischen Aufklärung ist der "listenreiche" Odysseus, der sich gegen die Götter siegreich mit seiner Vernunft zur Wehr setzt.
OÖN: Was planen Sie als nächstes?
Macek: Derzeit erforsche ich, wie die griechische Mythologie in der modernen Literatur behandelt wird und möchte alle Opern, in denen griechische Götter und Heroen vorkommen, sichten. Allein im 18.Jh. gab es beispielsweise 44 Medea-Opern. Das wir mich bis an mein Lebensende beschäftigen.

In 33 Jahren Arbeit hat Dieter Macek die erste vollständige Genealogie der griechischen Götter- und Heldenwelt erstellt. Das 52 m lange, handschriftlich ausgeführte Dokument bildet die verstrickten Verwandtschaftsbeziehungen der griechischen Götter und Heroen von 800 v.Chr. bis 500 n.Chr. ab. Zu dem umfangreichen Werk gehört auch ein 10.600 Seiten dickes Handbuch. "Für eine Präsentation habe ich es einmal ausgedruckt, ich brauchte 60 Ordner, um es zufassen", sagt Macek. Mit seinen Stammbäumen will er die mythische Welt der Griechen "optisch entwirren" - ein Meisterwerk der Systematisierung und Visualisierung. Besonders stolz ist er auf das erste komplette Verzeichnis der Nymphen. Von denen gibt es 811, sehr viele davon sind Töchter des Göttervaters Zeus, der es allein auf rund 900 Nachkommen brachte. Insgesamt verzeichnete Macek 5640 Figuren, weitere 2047 Namen liessen sich nicht zuordnen, sind aber im erläuternden Lexikon erfasst. Die Angaben darin erstrecken sich von Minimalaussagen wie "Sohn des Zeus" bis zum Eintrag für Odysseus, der alleine 84 Seiten beansprucht. Aufgezeigt werden auch die vielfältigen Verbindungen zwischen der griechischen Mythologie und den später entstandenen Religionen: "Besonders zum Wirken Christi lassen sich Querverweise erkennen.", sagt Macek. So konnte etwa Asklepios Tote erwecken, und Hippolytos fuhr nach seinem Tod in den Himmel auf. Macek absolvierte ursprünglich eine Kochlehre in Salzburg, war einige Zeit Tanzlehrer und ging mit 20 Jahren zur Bahn. Sein Monumentalwerk erarbeitete er sich in der Freizeit, "nur zum Nachtdienst nahm ich ab und zu Bücher mit". Seine Frau, eine Literaturwissenschaftlerin, musste jahrelang im Wohnzimmer über ausgebreitete Rollen des Götterhimmels steigen und mit einem reduzierten Gesellschaftsleben zurechtkommen. "Wir haben keinen Fernseher, da hat man automatisch mehr Zeit zum Lesen", erklärt sie zur Passion ihres Mannes. Macek will sein Werk in digitaler Form veröffentlichen und als Anschauungsmaterial im universitären Unterricht, für Museen, Theater, Opernhäuser und öffentliche Gebäude nutzen.

Tabula duplex
(grch. Diptychon),
Römische Wachstafel für Notizen samt Schreibgriffel

 


 

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(PL)