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Rekrutierung der Kaiserzeit - Praxis

Wollte jemand in der hohen Kaiserzeit zum Militär, so musste er sich einer probatio (Musterung) stellen. Diese fanden meist in der Provinzhauptstadt statt. Dort wurde der tiro (Anwärter, Rekrut) einer medizinischen, juristischen und sprachlichen Überprüfung (man musste die Befehlssprache Latein beherrschen können!) unterzogen. Er musste für den Legionsdienst das Bürgerrecht besitzen und unverheiratet sein. War er letzteres nicht, so hatte er sich zuvor scheiden zu lassen. Bei Auxiliarsoldaten musste man freie Geburt nachweisen. Gab es einen Bedarf an Legionären bei gleichzeitigem Überhang an Bewerbern ohne Bürgerrecht, so verlieh man schon einmal dieses auf die Schnelle. Eintritte ohne Bürgerrecht sind seltenste Ausnahmen.

Verbrecher, Sklaven und Fremde waren vom Legionsdienst ausgeschlossen und mit gewissen Berufen, denen man mangelnde charakterliche Eigenschaften nachsagte (z.B. Schauspieler oder Sklavenhändler) hatte man es schwer aufgenommen zu werden. Personen, die Lesen und Schreiben konnten, wurden bevorrangt behandelt. Als physische Mindestanforderungen galten 6 Fuss (176 cm) Grösse und ein kräftiger Körperbau. Aus archäologischen Funden weiss man, dass die Durchschnittsgrösse bei 175 bis 185 cm und die häufigste Schuhgrösse bei 42 lag. Zudem wurden Seh- und Hörvermögen getestet; für Soldaten wichtige Eigenschaften. Das Alter der Rekruten lag meist zwischen 18 und 21 und nur in Notfällen wurden Männer bis maximal 30 Jahren akzeptiert.

Für römische Verhältnisse war die probatio ein ziemlich bürokratisches Verfahren mit entsprechendem "Papierkrieg". Die erfahrenen Rekrutierer informierten die tirones auch über mögliche Karrieren in der Truppe. Aufgrund der gemachten Angaben über die Herkunft und der Ergebnisse der Überprüfungen wurde schon an diesem Punkt die Laufbahn des Soldaten besprochen. So wurden jene, die besonders gut lesen, schreiben und rechnen konnten schon vorab für eine Schreiberfunktion in der Verwaltung auserkoren oder jene, die ausgezeichnet reiten konnten später dem Meldewesen übereignet. Jemand, der angesehene Verwandte hatte, konnte so schon für die eventuelle spätere Übernahme eines Centurionats vorbereitet werden. In Summe hafteten die der Rekrutierung vorstehenden Offiziere und Unteroffiziere für die Angaben ihrer als tauglich befundenen Rekruten.

Besondere Beachtung schenkte man Empfehlungsschreiben von angesehenen Persönlichkeiten. Nicht wenige dürften mittels eines solchen versucht haben, in den Legionsdienst aufgenommen oder einer speziellen Dienststelle zugeteilt zu werden.

War der Rekrut als für die Armee tauglich befunden worden, legte man eine Personalakte an und drückte ihm das viaticum (Fahrgeld) von 75 Denaren in die Hand. Das Handgeld sollte die Unterhaltskosten bis zur Einrückung in die Kaserne decken. Diese erfolgte wohl zu gewissen Terminen, da die Rekruten geschlossen unter Aufsicht zum künftigen Truppenkörper gebracht wurden.

Der Status eines künftigen Legionärs änderte sich mit der Ankunft in der Kaserne. Nun war er kein tiro mehr, sondern für gut vier Monate ein probatus (Anwärter), aber auch noch kein richtiger Soldat. Im allgemeinen waren bei den Legionen die 2., 4., 7. und 9. Kohorte für die Ausbildung zuständig.

Nach der harten Grundausbildung wurde der Rekrut beurteilt. Fiel diese positiv aus, so wurde aus dem probatus ein signatus, der das signaculum (bleierne Kennmarke; um den Hals getragen) erhielt. Nun war er ein rechtsgültiger Soldat, der auch den sacramentum (Fahneneid) ablegen konnte. Bereits damals sprach ein Einzelner stellvertretend für alle die praeiuratio (Eidesformel), was die anderen mit dem Ausruf "Idem in me" ("Das selbe für mich") quittierten.



Legionär des 1.Jh.n.Chr.


Quellen: M.Junkelmann "Die Legionen des Augustus", Y.Le Bohec "Die römische Armee", P.Connolly "Die römische Armee", S.MacDowall & G.Embleton "Late Roman Infantryman 236-565 AD", S.MacDowall & C.Hook "Late Roman Cavalryman 236-565 AD"

 

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(PL)